Schlaganfall familiär bedingt?

  • Ich (weiblich, 49 Jahre) hatte vor ca. 1 Jahr einen Hirninfarkt. Jetzt habe ich erfahren daß 2 meiner Cousins und eine Cousine auch schon leichtere Schlaganfälle hatten und eine andere Cousine von uns an einem geplatzen Aneurysma gestorben ist. Sollten sich andere Mitglieder unserer Familie untersuchen/testen lassen, um einem Schlaganfall vorzubeugen?

  • Hallo Ramona1973,

    ein Schlaganfall ist keine klassische vererbbare Erkrankung, jedoch gibt es die Möglichkeit eines familiär gehäuften Auftretens von Risikofaktoren durch das Erbmaterial. Es wurden mehrere Genbereiche identifiziert, die prädisponierend für Faktoren der Krankheitsentstehung sein können.

    Genau zu diesem Thema gibt es übrigens einen Artikel auf unserer Seite, in dem die Modalitäten der Vererbung erklärt sind und Entscheidungshilfen zum Abwägen einer humangenetischen Untersuchung gegeben werden:

    Ist ein Schlaganfall vererbbar?
    Die neuesten Forschungen haben 32 Bereiche in der menschlichen Erbmasse (Genom) gefunden, welche in Zusammenhang mit dem Schlaganfall stehen bzw. das Risiko…
    schlaganfallbegleitung.de


    Grundsätzlich sprechen Sie zwei unterschiedliche Arten von Schlaganfällen an. Um einschätzen zu können, ob ein erhöhtes familiäres Risiko vorliegen könnte, müsste man wissen, um welche Art und Ursache des Schlaganfalls es sich bei den anderen Familienmitgliedern gehandelt hat.

    1. Ein Infarkt wie in Ihrem Fall ist die Folge eines ischämischen Schlaganfalls aufgrund einer akuten Durchblutungsstörung, zumeist unmittelbar durch einen Gefäßverschluss. Solche Schlaganfälle kommen unabhängig von einer genetischen Veranlagung am häufigsten in der Bevölkerung vor. Es gibt viele verschiedene Risikofaktoren, die zur Pathogenese beitragen, also z. B. die Entstehung krankhafter Gefäßveränderungen begünstigen, und auch familiär gehäuft auftreten können. Beispielsweise erblich bedingte Störungen des Fettstoffwechsels und Diabetes oder auch Bluthochdruck.
    2. Bei Ihrer Cousine mit dem geplatzten Aneurysma hat offenbar eine Hirnblutung zu dem Schlaganfall geführt. Auch für diese Art gibt es nicht erbliche Faktoren und genetische Veranlagungen wie Anomalien der Blutgefäße, wodurch diese zum Beispiel anfälliger werden gegenüber Blutdruckspitzen.

    Nicht immer ist eine eindeutige Ursache ausfindig zu machen. In den überwiegenden Fällen ist es ein komplexes Zusammenspiel vieler miteinander wechselwirkender Faktoren in einem Prozess, der sich über Jahre und Jahrzehnte entwickelt. Menschen mit Familienmitgliedern, die bereits einen Schlaganfall hatten, sind möglicherweise stärker gefährdet, in ihrer eigenen Lebensspanne einen Schlaganfall zu erleiden. Das Risiko erhöht sich deutlich, wenn weitere Risikofaktoren dazukommen.

    Die meisten bekannten Risikofaktoren sind allerdings nicht erblich bedingt und - das ist die gute Nachricht - selbst durch nachhaltige Lebensstil-Veränderungen wirkungsvoll beeinflussbar. Hier finden Sie die häufigsten Risikofaktoren und Maßnahmen zur Prävention in einer Übersicht.

    Was bedeutet das für Sie?

    Sie können mit Ihrem behandelnden Hausarzt/der Hausärztin und neurologisch fachärztlich Rücksprache halten, um Risikofaktoren abzuklären, die Sie möglicherweise individuell betreffen und um herauszufinden, ob sich unter diesen Hinweise für eine familiäre Häufung zeigen, der man dann nachgehen könnte. Und Sie könnten versuchen, über Ihre Cousins und Cousine weitere Informationen zu eruieren.

    Auch unabhängig davon ist es ratsam, entsprechende Maßnahmen zur persönlichen Prävention einzuleiten oder weiterzuführen, um einem weiteren Schlaganfall vorzubeugen. Zur Sekundärprophylaxe nach einem ischämischen Schlaganfall finden Sie einen weiteren Forum-Beitrag.


    Herzliche Grüße, alles Gute und schöne Weihnachten für Sie und Ihre Familie

    Dr. med. Karin Kelle-Herfurth

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