D-Dimer ignorieren und ruhen lassen?

  • Guten Abend,


    ich bin Tom aus Berlin.


    Mein Thema:


    Ich hatte 2019 eine TVT und nahm bis Ende 2022 Eliquis.


    Dann hatte ich eine Augeneinblutung mit Gefahr eines teilweisen Sehverlusts und sollte Eliquis absetzen.


    Seit 1 Jahr bin ich nun ohne Antikoagulation.


    Mein D-Dimer liegt bei 1,7 (Referenz: 0-0,5).


    Ich war nun beim Duplex Ultraschall, es wurde aber keine neue Thrombose gefunden.


    Der Arzt sagte, ich soll den D-Dimer nicht mehr messen lassen.


    Hier nun ein Widerspruch:


    1. nicht messen lassen bedeutet ja, einen zu hohen Wert zu haben, ohne es zu wissen


    2. einerseits scheint der Wert nun doch nicht so wichtig zu sein - andererseits ruft das Labor aber sofort an, wenn er zu hoch ist


    3. der D-Dimer ist ja auch zu hoch bei Sepsis, Krebs, usw... - dennoch sollte man ihn nicht messen?


    Das passt doch nicht zusammen?


    Wichtig ist noch: ich hatte MRTs Kopf, Hals, Abdomen, sowie Gastroskopie und Koloskopie.


    Es wurden nur ein Leber Hämangiom gefunden, sowieso mehrere Zysten in der Leber und Niere, sowie eine chronische Gastritis (aber nur leicht).


    Können diese Dinge (Gastritis, Hamangiom) den D-Dimer schon auf 1,7 mehr als verdreifachen?


    Meine sonstigen Laborwerte sind perfekt.


    Ich rauche nicht, trinke nicht, habe Normalgewicht (183/72).


    Mein Bruder (72) starb 2021 an seinem 2. Schlaganfall, denoch sollte ich den D-Dimer ruhen lassen und auch keine Antikoagulation nehmen, weil ich die Augenblutung hatte?


    Soll ich den D-Dimer mit 1,7 wirklich ignorieren?

  • Hallo Tom,


    es ist verständlich, dass Sie sich über die Erhöhung Ihres D-Dimer-Wertes, dessen Bedeutung für Sie und die Notwendigkeit einer weiteren Abklärung Gedanken machen.


    Auffällige Laborwerte sind auch für behandelnde Ärzte manchmal nicht einfach zu handhaben, vor allem wenn sie unspezifisch sind und viele Ursachen und Einflussfaktoren in Frage kommen. Die Blutuntersuchungen lassen sich letztlich nur im Gesamtbild bewerten und sollten daher zusammen mit der individuellen klinischen Symptomatik und den Befunden diagnostischer Untersuchungen eingeordnet werden.


    Bei Ihnen ist man aufgrund Ihrer medizinischen Vorgeschichte und der ärztlichen Einschätzung des individuellen Thromboserisikos auch so vorgegangen, einen weiterführenden Check mit den genannten Untersuchungen zu machen. Daraus hat sich offenbar kein Anhalt für eine Thrombose, einen embolischen Verschluss anderer Genese oder sonstige abklärungsbedürftige Befunde ergeben. Das sind schon mal gute Zeichen, um keine potenziell schwerwiegenden medizinischen Probleme zu übersehen.


    Dennoch verbleibt eine Restunsicherheit, wo der erhöhte D-Dimere-Wert herkommt. Der erhöhte Wert allein hilft allerdings diagnostisch nicht weiter, sodass von weiteren Bestimmungen hier abgesehen wurde. Es ist davon auszugehen, dass damit nicht gemeint ist, ihn einfach zu „ignorieren“, sondern, dass dies keinen zusätzlichen Nutzen für zu treffende Entscheidungen bedeuten würde.


    Wie diese Entscheidung oder Empfehlung Ihres Arztes zustande kommt, lässt sich vielleicht nachvollziehen, wenn Sie die Aussagekraft der Testung berücksichtigen:


    Der D-Dimer-Test hat eine hohe „Sensitivität“, das bedeutet, dass er äußerst empfindlich auf das Vorhandensein von Fibrinablagerungen in den Blutgefäßen reagiert. Wenn der Test einen normalen oder niedrigen D-Dimer-Wert ergibt, ist also die Wahrscheinlichkeit eines akuten Gefäßverschlusses, wie einer Thrombose, sehr gering. Dies macht den Test nützlich, um solche schwerwiegenden und akuten Gefäßprobleme mit hinreichender Sicherheit auszuschließen.


    (Wenn die Symptome trotz unauffälligem Wert für einen Verschluss sprechen, würde man dennoch weitere Untersuchungen veranlassen)


    Der D-Dimer-Test hat allerdings eine geringe „Spezifität“, das bedeutet, dass erhöhte Werte auf verschiedene Zustände hinweisen können und nicht spezifisch für eine bestimmte Erkrankung sind. Ein erhöhter D-Dimer-Wert ist somit nicht gleichbedeutend mit dem Vorliegen einer Thrombose und isoliert betrachtet nicht ausreichend, um eine Diagnose zu stellen oder einen bestimmten Verdacht zu äußern. Diese Konstellation liegt bei Ihnen nun vor.


    Völlig richtig haben Sie eingebracht, dass erhöhte D-Dimere auf verschiedene Ursachen hindeuten können, einschließlich akute und chronische Entzündungen, Infektionen, Krebs, kürzliche Operationen, Blutungen und andere, weniger schwerwiegende Erkrankungen sowie Prozesse, die unter gewissen Bedingungen Teile des Gerinnungssystems aktivieren. Und nicht immer lässt sich mit den verfügbaren Methoden eine eindeutige Ursache als Erklärung finden.


    Warum ruft das Labor an, wenn ein D-Dimer-Wert erhöht ist? Da der D-Dimer-Test sehr sensitiv für Gefäßverschlüsse ist, ist die schnelle Rückmeldung in der Klinik und Praxis oft noch als routinemäßiger Sicherheitsmechanismus in den ersten Schritten der Diagnostik implementiert, um akut behandlungsbedürftige Zustände wie eine Thrombose, Embolie oder einen Infarkt auszuschließen. Wenn der D-Dimer-Wert erhöht ist, lässt sich wie erklärt nicht feststellen, dass eine dieser Erkrankungen vorliegt, sondern nur, dass ggf. weitere Untersuchungen erforderlich sind, um sie auszuschließen. Es ist daher kein Widerspruch, sondern eine Vorsichtsmaßnahme. Im Labor ist das klinische Bild der Symptome nicht bekannt. Jedoch hat der Arzt zügig eine wichtige Information mehr für seine Entscheidung, die er im Gesamtkontext zu treffen hat.


    In Bezug auf Ihre persönliche Situation bedeutet dies, dass ein D-Dimer-Wert von 1,7 nicht zwangsläufig auf eine Thrombose hinweisen muss, insbesondere wenn andere Untersuchungsergebnisse und klinische Symptome keine Anzeichen dafür zeigen.


    Dass eine leichte Gastritis oder ein Hämangiom den D-Dimer-Wert signifikant beeinflusst, ist eher wenig wahrscheinlich. Diese Einschätzung ist jedoch nur allgemeiner Natur. Eine individuelle Beurteilung können wir hier im Forum nicht leisten und eine fachärztliche Beratung in Kenntnis der genauen medizinischen Befunde nicht ersetzen.


    Es wäre ratsam, Ihre Bedenken und Fragen bezüglich der Fortsetzung der Antikoagulation mit Ihrem Arzt noch mal ausführlich zu besprechen. Sie können 1) nach den Gründen für seine Entscheidung fragen und ob er Ihnen eine klare Empfehlung geben kann, ob weitere Maßnahmen erforderlich sind - oder warum nicht - und 2) ob eine hämatologische Verlaufskontrolle angesichts Ihrer Vorgeschichte und aktuellen Befunde angezeigt ist. Gegebenenfalls können Sie auch eine Zweitmeinung in Betracht ziehen.



    Alles Gute für Sie und viele Grüße


    Dr. med. Karin Kelle-Herfurth

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